Linksbums

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Zum Ersten: hat der WDR ein Online-Tool zum Storytelling veröffentlicht, das ziemlich spannend ausschaut.

Der Journalist Éric Fottorino hat in Frankreich die Wochenzeitung “Le 1” gegründet, die ein wunderbares Format und eine tolle Gestaltung aufweist (und offensichtlich auch Comics bringt):

Es besteht aus einem plakatgroßen Papierbogen, der dreimal gefaltet ein A-4-Format ergibt. So liegt das Blatt für 2,80 Euro am Kiosk und erinnert mit seinen ausgefallenen Illustrationen vage an eine Studenten- oder Liebhaberzeitung.

Die Jungs und Mädels von Blappsta machen es jetzt möglich, aus einem bestehenden WordPress-Blog eine Standalone-App für iOS und Android zu generieren. Und zwar (bislang) kostenlos: Chapeau!

Katja Nicodemus fragt nicht zu Unrecht, warum weibliche Filmheldinnen im deutschen Kino eigentlich immer so dämlich sind:

Zugegeben, beim Schreiben dieses Textes kommt man nicht umhin, sich zwischendurch wie ein kleiner Emanzendrachen zu fühlen, der seinen politisch korrekten Feueratem auf das lustig-lockere deutsche Komödienvölkchen und sein bestens unterhaltenes Publikum bläst. Es geht hier aber nicht um die Frage des Locker- oder Unlockerseins. Es geht auch nicht (oder erst in zweiter Linie) um Geschmacksfragen. Tatsächlich ist diesen Filmen etwas Grundlegendes abhandengekommen.

Sehr lustig und liebenswert (wie immer) diese zwei McSweeney-Perlen.

Ralf Leonhard empfiehlt in der taz die Comedy-Serie „BÖsterreich“:

Trotzdem halten Deutsche das politische Kabarett im österreichischen Fernsehen für bissiger, oft politischer und messen dessen subversiven Humor an der manchmal etwas bieder daherkommenden „Heute-Show“ im ZDF.

https://www.youtube.com/watch?v=WZARohG4LVs

Linksbums:

Matthias Aichele von Random House sieht den E-Book-Markt (weiter) wachsen:

Die Verlage digitalisieren größtenteils ihre Titel-Kataloge, gerade in der Belletristik. Ein attraktives Inhalte-Angebot ist daher grundsätzlich vorhanden. Bei den Lesern hat sich mittlerweile ein Segment an digital-affinen Lesern herausgebildet, das Interesse und Zahlungsbereitschaften für solche Modelle mitbringt. Dieses Segment wächst und wird sich wie in der Musik oder bei Filmen einen gewissen Marktanteil sichern.

Der tolle Dave Eggers macht jetzt auch Comics (zumindest für den “Guardian”).

John Oliver (vormals bei der “Daily Show”) hat seine eigene Sendung (“Last Week Tonight”) bekommen. Die ich mir, nach dieser Besprechung, wirklich gerne angeschaut hätte (zumal sogar die FAZ berichtete) – wenn HBO die Sendung auch für deutsche Nutzer zur Verfügung stellen würde.

Hannes Hintermeier tritt der (zu Recht abgeschifften) Weltbild-Gruppe noch mal hinterher:

Von den Weltbild-Plus-Läden sagte man gern, sie seien der Aldi unter den Buchhandlungen. Carel Halff hat sich diesen Aufkleber gefallen lassen, weil er sich in der Rolle des provokanten Billigheimers gefiel. Aus heutiger Sicher weiß man, wie schief dieser Vergleich war. Solche Fehler wären bei Aldi nicht passiert.

China verbietet “Big Bang Theory”. Angeblich wegen “zu vieler Klicks”, wie die “taz” erst vollmundig behauptet, um dann, weiter unten, plötzlich sehr viel bescheidener zu vermelden:

Die staatliche Regulierungsbehörde äußerte sich bislang nicht. Über die wahren Gründe kann deshalb nur spekuliert werden.

“t3n” berichtet über spannende Co-Working-Fantasien in internationalen Gewässern, vergisst aber glücklicherweise nicht, gegen Ende noch einmal die eigentlich wichtigen Fragen zu stellen:

Wie genau eine derartige Siedlung organisiert sein soll, steht aber noch in den Sternen. Wie stellt man beispielsweise sicher, dass in der rechtsfreien Startup-Gesellschaft keine kriminelle Geschäfte angesiedelt werden? Und was passiert, wenn unter den Gleichgesinnten doch schwerwiegende Konflikte auftreten? Und: Ist es wirklich erstrebenswert, alles dem wirtschaftlichen Erfolg unterzuordnen?

Und ich bin so blöd, das hier erst mal für eine richtige Meldung gehalten zu haben.

Siva Vaidhyanatha übt sich in akademischer Selbstmystifikation; einen Drang, den ich als Gerade-nicht-mehr-Doktorand noch sehr gut nachvollziehen kann:

It’s been a couple of decades since any American faculty member could engage in the deep pursuit of knowledge untethered from the clock or calendar. But many of us still write for the guild and the guild only, satisfied that someday someone might find the work a valuable part of a body of knowledge. But if that never happens, so be it—it’s all part of the calling’s steep price of admission.

Wo sich die akademische Landschaft doch (zumindest in den USA) gerade (mal wieder) im Umbruch befindet:

A TED talk (the acronym stands for Technology, Entertainment, and Design) is one of the routes to academic stardom that didn’t exist a decade ago. Although TED plays an inordinate role in setting the tone for how ideas are conveyed … it’s just one of a number of platforms that are changing the ecology of academic celebrity. These include similar ideas-in-nuggets conclaves … along with huge online courses and—yes, still—blogs. These new, or at least newish, forms are upending traditional hierarchies of academic visibility and helping to change which ideas gain purchase in the public discourse.

Und zum Schluss: Die FAZ versucht Satire. Und macht sich, zumindest an einigen Stellen, gar nicht schlecht:

Ein Wahlkampfabend in der Provinz. Der Politiker Rainer Brüderle rutscht in einer Rotweinlache aus und landet auf dem Hinterkopf. Als er wieder zu sich kommt, hat er die Fähigkeit, die Gedanken von Frauen zu hören. Und sie denken alle das Gleiche: „Oh, dieser Herr Dr. Brüderle ist aber mal ein stattlicher Mann. Ich hoffe, der findet meinen Busen nicht zu klein.“

Linksbums:

Uli Hannemann hat aufgedeckt, dass selbst Hitler Katzenkrimis schrieb:

„Die Figur des Thor Schnurre scheitert bereits in ihrer Grundanlage“, schrieb der Lektor damals. „Ein Kater, der das Revier einer herbeihalluzinierten Rasse namens ’Deutsch Kurzhaar‘ krampfhaft erweitern will und deswegen seinen Fressnapf gen Osten verschiebt, taugt vielleicht als Schurke, aber niemals als liebenswerte Identifikationsfigur. Zumal die Vorstellung einer felinen Superrasse biologisch unhaltbar ist.“

Tim Sniffen schreibt eine entzückende Romanze aus dem (Live-)Rollenspiel-Milieu:

Climbing into the bedroom, we found the trail had gone cold. You looked so lost, staring out the window; I couldn’t help but put my arms around you. You confessed that the murdered Admiral had been your secret father. I swore to see justice done.

Der 600. Postillon-Newsticker gibt mir ein Rätsel auf, bis ich das Wortspiel endlich kapiere:

Panisch: Layouter bemerkt fehlendes S auf Wörterbuch erst nach Abgabe

Claudius Seidel verteidigt in der FAZ den Westen mit markigen Worten gegen Putins Russland:

Und so scheint all das Gerede von der tieferen Menschlichkeit und der größeren Kraft und Vitalität, all die Spiritualität, die aber anscheinend von Nächstenliebe so wenig weiß wie von der Barmherzigkeit, nur das Opium zu sein, welches man dem [russischen] Volk verabreicht, dem man keine anständigen Wohnungen bieten kann, keine Rechtssicherheit, keine Aufstiegsperspektive. Und schon gar keine neue, schöne, attraktive Idee, die mit Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit oder dem amerikanischen Traum sich nur halbwegs messen könnte.

Philosoph Byung-Chun Han bringt den Untergang der “Sewol” gegen den Neoliberalismus in Stellung (dito FAZ):

Es ist typisch für die heutige Zeit, dass nicht nur der Kapitän, sondern jeder von uns zunächst an sein eigenes Überleben denkt. Jeder ist heute, so sagt man, Unternehmer seiner selbst. Da ist es beinahe selbstverständlich, dass man zunächst sich selbst rettet und nicht an den anderen denkt. Der Neoliberalismus vereinzelt uns. Jeder agiert allein für sein eigenes Überleben. So gesehen, ist die „Sewol“ ein Mikrokosmos der neoliberalen Gesellschaft.

Der Guardian hatte nicht viel Freude an Ricky (“The Office”) Gervais’ zweiter “Derek”-Staffel. Die ich mir wohl auch sparen werde.

For me, though, the real weakness of the show is not that it is too cruel but excessively kind and sentimental. Almost every speech and scene emphasises Derek’s unfashionable and uncalculated niceness in a nasty world. And has there ever been a sitcom with so much crying?

Sibylle Berg schreibt ein fieses Stück über Frauen (und Männer) im Mediengeschäft:

Der naheliegende [sic] ist, dass Frauen, Journalistinnen, Schriftstellerinnen das Zeug zu großen, bahnbrechenden Thesenpapieren fehlt. Weil sie immer im Dunkeln an ihrer Enthaarung herumstudieren oder sich von Politikern in den Ausschnitt starren lassen. Vielleicht, weil es Frauen an Mut fehlt, mal so was richtig Gewagtes zu schreiben, ein Gedicht gegen irgendwen, ein Buch gegen Randgruppen, einen Aufsatz gegen die Jugend, mal krass polarisieren, das liegt den Frauen nicht. […] Es könnte natürlich auch sein, dass Frauen sehr wohl Texte schreiben, die den Anstoß zu einer – wenngleich sinnlosen – Debatte liefern könnten, allein, es interessiert keine Sau. Was daran liegen könnte […] dass sich männliche Journalisten […] selten von Texten weiblicher Schreiberinnen irritieren, ärgern, zum Widerspruch reizen lassen, einfach weil sie sie nicht ernst nehmen.

Postillon-Kritik-Kritik

button-postSPON-Autor Arno Frank hat die Fernsehumsetzung bzw. -verlängerung der Satirewebseite “Der Postillon” nicht gefallen. Er kann aber nicht sagen, warum. Sondern muss auf schlichteste Wertungen und falsche Beobachtungen (hier nur auszugsweise) zurückgreifen:

Erzählt wird von einer Mutter, die bei der Geburt vertauscht wurde. Oder von einem Punk, der “jetzt auch” EC-Karten akzeptiert. Oder die Ehefrau, die wegen des Tinnitus ihres Mannes nicht einschlafen kann. Naja. […] Die Pointen sind so weit hergeholt, dass man sie auch schon von Weitem kommen sieht. […] Sprachwitz lässt nach, wenn er Darsteller braucht. […] Wirklich lustig im Sinne von “dem Humor preisgegeben” war im Grunde nur der Wetterbericht am Ende [etc.]

Die Unfähigkeit fast aller JournalistInnen, präzise und begründet zu erörtern, warum etwas komisch sein könnte oder nicht, ist schon Anno Gernhardt so präzise und begründet erörtert worden, dass man ebd. alles Wichtige nachlesen darf und sollte.
Woran aber hakt es in Arno Franks Beispiel?
Daran, dass a) ein ertragreiches Nachdenken über Humor durch wertende Nullfloskeln (wie “naja” oder “wirklich lustig war nur”) ersetzt wird, die beim Bürosmalltalk problemlos angehen, im Kulturteil einer (Online-)Zeitung aber nicht die Regel sein sollten. Neuer subjektiver Journalismus hin oder her.
Warum genau wird etwas komisch gefunden? Oder nicht? Wer hier nur “naja” sagen kann, hat nichts zu sagen.
Daran, dass b) sprachlich geschlampt wird: Eine “weit hergeholte Pointe” ist natürlich genau das Gegenteil eines Witzes, den man “schon von Weitem kommen sieht”. Erstere trifft den Betrachter vollkommen unerwartet (und funktioniert oft ausgezeichnet), Zweiterer gerade nicht.
Oder wusste Autor Frank das gar, konnte aber selbst der Versuchung nicht widerstehen, so etwas wie Sprachwitz zu beweisen? Ein Schelm.
Dass, dass c) nicht genau hingesehen wird: Natürlich haben die Meldungen des Online-Postillon keinen “erleichternden Dreh ins Sinnfreie”, wie Frank behauptet, sondern überführen – wie jeder Witz – einen bestehenden in einen neuen Sinnzusammenhang. Das sinnfreie Komik überhaupt nicht existiert, hätte beispielsweise ein Blick in Peter Köhlers einschlägige Dissertation nahegelegt.
Sowie d) an schlichter Unkenntnis, oder schlimmer, Gedankenlosigkeit: “Sprachwitz lässt nach, wenn er Darsteller braucht”; als hätte es Woody Allen, Otto Waalkes, Bully Herbig u.v.a. nie gegeben.

Versäumt auch: Die ertragreiche Gelegenheit, auf die lange Tradition deutschsprachiger Nachrichtensatire bzw. -parodie hinzuweisen. Dass der “Postillon” seine wesentlichen Impulse der US-amerikanischen “Onion” verdankt (zu nennen wäre übrigens auch “Daily Mash“), wurde wiederholt bemerkt (u.a. von der Titanic-Humorkritik). Gerade im Hinblick auf die Fernsehumsetzung wäre aber über den “Spocht” von “RTL Samstag Nacht” ebenso zu sprechen gewesen wie über Anke Engelkes Funktion in der “Wochenshow”, über Jo Brauner und “Das Ernste”, die “Heute Show” und “Switch Reloaded”; ja, man hätte über “Rudis Tagesshow” (1981-87) gedanklich und analytisch zurückreisen können bis zu Evelyn Hamanns knithliger Programmansage (“Auf dem Landsitz North Cothelstone Hall von Lord und Lady Hesketh-Fortescue befinden sich außer dem jüngsten Sohn Meredith auch die Cousinen Priscilla und Gwyneth Molesworth” usf.), die auth dem Jahr 1977 datiert.

Und wäre schließlich bei Friedells und Polgars “Böse Buben Journal” von 1921 angelandet, wo sich folgende Meldung fand, die auch noch im Postillon bella figura machen würde:

Sensationeller Mangel an Neuigkeiten! Belanglose Meldungen aus vielen Hauptstädten. – Depeschen von unerhörter Nichtigkeit eingetroffen.
Wie sich die Leser aus dem Inhalt unserer heutigen Nummer überzeugen werden, sind wir in der Lage, mit allem Nachdruck und den größten Lettern mitzuteilen, daß wir gar nichts Neues zu berichten haben.

[rad-hl]Nachtrag:[/rad-hl] Ein wenig mehr Mühe gegeben hat sich Fr. Schwilden von der “Welt”; aber auch dort: haltlose Vergleiche (“so witzig wie ein Prosecco vom Vortag”; also sei Prosecco jemals witzig gewesen) und Nullsätze, die subjektiv bewerten, statt zu analysieren:

Würde man das auf “Der Postillon” lesen, wäre das sehr lustig, weil Stefan Sichermann lustig ist, die filmische Umsetzung aber ist schlichtweg nicht lustig.

[rad-hl]Nachtragnachtrag:[/rad-hl] Lesbares zur gleichen Causa schreiben auch Tagesspiegel, RP online, die WAZ, Oliver Jungen in der FAZ sowie der schätzenswerte David Hugendick auf ZEIT online, der wohl am besten gesehen hat, was das Problem der gestrigen “Postillon”-Fernsehpremiere gewesen sein könnte:

Das ursprüngliche Format wird eingehegt in ein öffentlich-rechtliches Humorreservat und die Scherznachrichten werden von ihrem Verbreitungskanal abgeschnitten, so dass sie keine Verwirrung mehr stiften können in der täglichen Passiererei des Internets. Dieses Anarchiepotenzial des Postillon hat das Fernsehen nun erfolgreich domestiziert

Stewart Lee

Irgendjemand Primaes hat die neue Stewart-Lee-Staffel bei Youtube hochgeladen, der neben Iannucci und Chris Morris den cleversten Humor auf der Insel macht. Freudefreude. Wobei man sich, to be fair, ein wenig in UK auskennen muss, sonst dürfte Einiges verloren gehen (d.h. Lee Mack, Ukip, Bongo Bongo Land, Russell Brand, Keith Lemon, Peter Stringfellow usf. sollten einem vage etwas sagen).

Linksbums:

  • [ssba_hide]Stefan Willeke von der ZEIT hatte die ausgezeichnete Idee, die Verteidigern des Krawallautors Akif Pirinçci zu besuchen (oder zumindest anzurufen):

    Wer setzt sich stärker über wessen Realität hinweg, wer ist kurzsichtiger – wir, die Journalisten meinungsbildender Blätter, oder die aufgebrachten Leser? Um es in der Sprache des Erfolgsautors auszudrücken: Wer fickt ins falsche Loch?

  • McSweeney’s freut sich über Key & Peele, die mir neu waren, aber ganz offensichtlich ausgezeichnete Sketche machen:

Linksbums:

  • [ssba_hide]Eine Leseprobe zum neuen Dath-Comic (Verbrecher-Verlag)
  • Die berechtigte Frage, was das Internet mit dem Gehirn anstellt (via Prospect):

    We need someone to do for the internet what the French phenomenologist Gaston Bachelard did for architecture. In The Poetics of Space, Bachelard explained the way our different metaphors of enclosure—houses, corners, shells, and nests—mimic and shape the way we imagine ourselves to be in the world. For Bachelard, images came before thoughts. They were the way the mind represented the world to itself. No social scientist is going to go down this road, but someone should—a philosopher, or a poet, or a novelist—especially because technology is threatening to make extinct many once-commonplace types of experience.

  • Eine FAZ von 1979, die übersetzt, was sie für “Disco-Deutsch” hält (via Nerdcore).

Linksbums:

  • [ssba_hide]Wunderbares Stück von Jack Urwin auf McSweeney’s: Hot Singles are In Your Area!

    Hot singles don’t get why it’s such a problem they’ve spent three nights in a row out with their girlfriends, come on, do you want them to just stop having fun now?

  • Daniels Besprechung des Rollenspieler-Sachbuchs “Drachenväter”.
  • Elisabeth von Thadden über den neuen Miegel, den Doyen der konservativen Wachstumskritik:

    Linke Kapitalismuskritik ist Miegel zu eng, aber dass es eine alles vernutzende Wirtschaftsform ist, die Menschen zu zwanghaften Konsumenten degradiert, sagt er entschieden. Diese Menschen verspottet er angenehmerweise nicht, er belehrt sie nicht, und er verachtet sie nicht. Miegel ist kein Moralist, das macht ihn so überzeugend.

  • Und Frank Schäfer über Wenzel Storch, der auch im nächsten EXOT eine Rolle spielen wird.

    Und dann ist da eben noch Storch. Ein niedersächsischer Provinzler durch und durch und zugleich ein egomaner bis soziopathischer Künstlertyp, der sich in den letzten Jahren vom eher berüchtigten als berühmten Bad-Taste-, Camp-, Trash-Filmer … zum Universalkünstler weiterentwickelt hat.

Personalproblem

[ssba_hide]Und wie ich so nichtsahnend einen weiteren transcript-Band korrekturlese, behauptet der Duden doch allen Ernstes, der Plural von “Persona” sei “Personanae”. Denen hätte mein Lateinlehrer den culus versohlt. Sine grano salis. Andererseits gilt: Allzu präpotente Korrekturleser werden ganz schnell zu Personanae non gratatae.

Poetry Slam & Begrifflichkeiten

[ssba_hide]Bin gespannt, wann sich unter Deutschland Medienschaffenden herumspricht, dass ein “Poetry Slam” bzw. “Slam” eine Veranstaltungsform ist; auf dass wir hinfort keine Sätze mehr mit den Augen wegschlucken müssen wie dieses “Welt”-Wunder:

Julia Engelmanns Slam, der in allen Zeitungen Wellen schlug, wurde mittlerweile fast sechs Millionen Mal angeklickt.

Obwohl die Vorstellung, dass Frl. Engelmann eine Veranstaltungsreihe betreibt, die man nicht nur anklicken kann, sondern die auch Wellen schlägt (und in Zeitungen schiergar dazu!), etwas Magisches, fast Magnetisches oder haltdochwieder vollständig Geistfreies hat.

David Shrigley: Tweetup

Die glamtastischen Kulturkonsorten haben ein bonfortionöses Tweetup zur Eröffnung der hervorglänzenden Ausstellung von David Shrigley in der Pinakothek der Moderne veranstaltet. Und wie ich so vergnügungsvoll durch Dr. Christian Griesens Blog kroch, stolperte ich über den schönen Satz:

Shrigley, der Sezierer des Menschen, hatte eine fleischlose Figur geschaffen und uns mit dem Innersten des Menschen konfrontiert. Auf den ersten Blick schien es, als wäre eine der Kreaturen aus seinen gezeichneten Animationsfilmen entkommen und in den “secret room” geklettert. Dort stand sie nun, frech und provozierend und rief uns zur Besinnung auf. Ein Spiel um Dissonanz, um inszenierten Dilletanismus in den heiligen Hallen eines Kunstpalastes. Ein Objekt, das die Wertschätzung und Interpretation des Betrachters braucht, um überleben zu können. Humoralpathologie hat das Lino Wirag einmal genannt.

Was schon irgendwie stimmen wird.