Was wir uns kaufen wollen ..

.. sobald es erscheint: Die Taschenbuch-Ausgabe der vollständigen “Mythen des Alltags“; Lisa-Marias Romandebüt “Sommertöchter, später“; Sandro Zanettis “Schreiben als Kulturtechnik“; Daths “Implex” (am besten synoptisch mit Zizeks “Geistern“); Kapielskis “Heizkörperverkleidungen“; Lewitscharoffs Poetikvorlesungen und natürlich Klings “brennendes Archiv“.
Viel Suhrkamp dabei, zum Ausgleich also bitte noch Ella Carinas “Die mit dem Bauch tanzt” vorbestellen (das ganz besonders).

Nachgetragen: Ninas beeindruckendes und jetzt schon preisgekröntes Debüt “Große Ferien” (dessen Entstehung ich teilweise miterleben durfte) und ein neuer Grundlagenband zur Perfomativität von Erika Fischer-Lichte.

Raoul Schrott, Arthur Jacobs: Gehirn und Gedicht

“Warum können wir uns beim Lesen so in ein Buch vertiefen, dass wir die Welt um uns vergessen? Warum gehen uns Reime ein Leben lang durch den Kopf, und warum schlagen Metaphern manchmal ein wie der Blitz?”, fragt Raoul Schrotts Verlag und legt mit “Gehirn und Gedicht“, das der Lyriker Schrott (der mich neulich in München erneut anfixte) zusammen mit dem Neurologen Arthur Jacobs verfasste, einen wissenschafts-literarischen 500-Seiten-Klotz vor, der die (schon leicht ausgetretenen) Pfade der kognitiven Poetik nun auch für den Otto-Feuilleton-Leser erschließt.

Gut so, finde ich, und Schrotts Kollege Dirk von Petersdorff findet das Nämliche; sicher auch, weil Schrotts formalistisch grundierte Argumente auch poetologisch auf Petersdorffs Linie liegen.
Freilich darf man Petersdorff fragen, ob die “Wiederholung von Lauten, Worten oder Satzstrukturen” gerade von einem Lyriker wie Thomas Kling par excellence eingelöst wird; und auch die Namen Karl Eibl (“animal poeta“) oder Rühmkorf (“agar agar” stand bei Schrotts Unterfangen ohne Zweifel Pate) hätten fallen können; alles in allem kann man Petersdorffs vorsichtiger Zustimmung (“Für einen Lyriker ist dieses Buch reizvoll”) nur, tja, zustimmen.
Und auch Nicht-Lyriker sollten sich einen Blick in die Leseprobe gönnen.

Da war doch was?

Charlotte Roche hat ein neues Buch geschrieben. Als hätten wir das nicht schon gewusst. Schließlich legte Johannes Warig schon vor rund zwei Jahren mit „Rülps und Radikal“ ein Standardwerk der modernen Unsinnswissenschaften vor, das sich explizit mit Roches literarischen Schaffen auseinandersetzt.
Und zwar gründlich.
Handgebunden, mit Siebdruckcover und Illustrationen: ein Buch, das immer noch für güngstig Geld beim Verlag bestellt werden kann. (Jedes zweite Exemplar hat eine noch größere Macke als Warig selbst. Garantiert!)

170 Seiten, s/w-illustriert, handgebunden, Siebdruckcover
1. Auflage 2009, ISBN-978-3-940992-11-6, 9.50 €

Crowdfunding

EXOT #12 erscheint pünktlich zum Weihnachtsfest. Damit wir unsere nächste Ausgabe noch toller und voller gestalten können, haben wir ein Crowdfunding-Projekt gestartet: 24 Extraseiten sind unser ehrgeiziges Ziel! Bitte unterstützt die Aktion unter diesem Link (oder über das Widget auf der rechten Seite) mit ein paar Klicks, wenn euch Komik, Literatur und komische Literatur am Herzen liegen. Natürlich kann #12 auch schon vorbestellt werden.

Komische Literatur

In der ausklingenden Woche schneiten einigen Neuzugänge meiner Bibliothek komischer/komiktheoretischer Literatur in den Briefkasten, die ich (mit einigen Einschränkungen) auch gerne weiterempfehlen möchte. Auf die Humoresken des Tschechen Hasek (vulgo: Hašek), für dessen “braven Soldaten Schwejk” ich mich nie recht erwärmen konnte, wurde ich über eine Gernhardt-Humorkritik aus den 80ern aufmerksam, die Haseks Potential als routinierten Fabrikanten wertiger Lachprosa hervorhob. Habe leider noch nicht hineingeblickt, genausowenig wie in den Grümmer, daher recht flott weiter: In Tellkamps Poetikvorlesungen (der unter seinem NVA-Mützchen nicht gerade für den schwerelosen Umgang mit der conditio humana bekannt ist) findet sich sageundstaune ein Kapitel zur komischen Lyrik, das Tellkamp leider zu einer flusigen Kritik an den fein gefügten Gedichten der Kollegen Jacobs und Politycki nutzt. Ob hier eher literaturbetriebliche Animositäten, mangelndes Ironieverständis oder weltanschauliche Scheuklappen eine Rolle spielen, vermag ich nicht zu sagen. Auch ansonsten ist der Band recht disparat mit Prosagedichten, lyrischen Inhaltsangaben und Zitatcollagen aus Tellkamps alltime favourites gefüllt. Empfehlen kann ich dagegen die zwei Rowohlt-Bände, die den Eppendorfer Bären in all seiner (nicht unbedingt liebens-, aber achtenswerten) Eigentlichkeit vorführen. Zipperts Kolumnensammlung schließlich ist grundroutiniertes Komikhandwerk neuer Frankfurter Schule, immer wieder diszipliniert den Vulgaritäten des Alltags abgetrotzt und in fallhöhendichte Miniaturen komprimiert. Dass Zippert seine eigenen Ideen allerdings alle paar Monate recycelt, fällt in einer Tageszeitung vermutlich weniger auf als in einem gebundenen Sammlung: Hier wäre mehr Sorgfalt bei der Auswahl angebracht gewesen, ein Manko, das durch das hervorragende, an WimS gemahnende Bild-Text-Vorwort, aber mehr als ausgeglichen wird. Der kleine rote Gernhardt entstand am Rand dessen Essener Poetikvorlesungen und enthält außer einigen schwärmerischen Laudationes und einem wenig informativen Werkstattbericht nichts Neues. In toto: Zippert und Rowohlt guten Gewissens bestellen, den Rest überlassen wir lieber dem Sammler.

Das komischste Buch?

Liebe Freunde:
Um mithilfe der Schwarmintelligenz eine langandauernde ästhetische Diskussionen auf verzerrende Zahlen herunterzubrechen, die zu allem Überfluss Lyrik und Prosa, siebziger und nuller Jahre haltlos vermischen, wollte ich euch bitten, eure Stimme(n) dazu abzugeben, was ihr für das “komischste deutschsprachige Buch des späten 20. Jahrhunderts” haltet. Es können mehrere Kästchen angekreuzt werden. Ich freue mich auf die Ergebnisse und danke Euch für Eure Zeit.

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Und hier noch einmal die Kandidaten:

Basisbibliothek komische deutschsprachige Literatur

Für die EXOT-Redaktion (Zeitschrift für komische Literatur) habe ich eine Basisbibliothek komischer deutschsprachiger Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts zusammengestellt: Die Basisbibliothek umfasst zurzeit fast 200 Titel lebender und toter Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Alle Bände enthalten Lyrik, Dramatik und/oder Prosa (Zeichner, Cartoonisten und Comiczeichner werden in Kürze in der Basisbibliothek komischer deutschsprachiger Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts an ähnlicher Stelle vorgestellt, ebenso ist eine Basisbibliothek komischer deutschsprachiger Hörbücher des 20. und 21. Jahrhunderts geplant).
Ich habe sorgsam darauf geachtet, dass sich im Inhalt der Bände keine Dopplungen finden. Vorschläge für die Aufnahme weiterer Titel und Autoren in die Basisbibliothek nehme ich dankbar entgegen. Zum Beispiel in den Kommentaren.